6 obsthof pause 600

Meine Grenzerfahrungen beim Grenze-Erfahren „Österreich außenrum, Südroute“ (Juli 2021) bieten nochmals südsteirische Extreme, ehe es ins Bergland geht. Dazu starten wir an der „Herzerlstraße“ im slowenischen Gasthof Dreisiebner (Strecke im Anhang/ Gmischter Absatz).
Meine jugendliche Rad-Kollegin will ich nicht beim Tiefschlaf-Seufzen stören, derweil ich mich schon kurz nach Sonnenaufgang erst aus dem Bett, dann auf Zehenspitzen geräuschlos hinaus auf den Balkon, dort vorbei an Pierre (Rennrad) und schließlich weit über die Blütenpracht im Blumenkistl schiebe.

Ein Höchstmaß an atemberaubender Aussicht ins Slowenische gilt es zu inhalieren zumal diese äußerste Ecke der Randregion auch kaum bebaut, ergo dünn besiedelt ist. Die Sonnenstrahlen kitzeln mich munter, drinnen halte ich es nimmer aus, husche lautlos durch das noch morgenstille Haus ins Freie, laufe auf taunasser Begrünung durch Weingartenzeilen, die steil bergab führen. Ob bei der Weinlese Anseil-Pflicht herrscht, Schuh-Aufkanten parallel notwendig ist, um in diesem Weingarten Halt zu finden?
Kichernd denke ich an eine Papa-Wortmalerei, an Hand derer er meinen späteren Wohnort in der Einschicht zu beschreiben pflegte: „Geh, hör ma auf… da müssen ja söbst die Hendl a kürzere und a längere Haxn habn, damit's auf der einen Seite hintre, auf der anderen Grabenseite wieder vire gehen können!“ Hier im Slowmärkischen hätte es ihm gefallen, gerade wegen der vielfältigen Eindrücke und Abgeschiedenheit, der steilen Kurven und Bergerl… ganz anderes Landschaftsempfinden wie zuvor in der panonnischen Tiefebene, wo man sich „am Mittwoch auf eine Kiste stellt, um zu sehen, wer einen am Samstag besuchen wird.“ um nochmals ein Papa-Zitat zu verwenden. Schade, dass wir nie eine Radreise gemeinsam unternehmen konnten; unsere Leben waren nur für eine kurze Zeitspanne kongruent verlaufen. Wie auf's Stichwort taucht oben am Nachbarbalkon ein morgendlich zersauster Radbuddy auf, der mir zuraunt, dass seine lieben Töchter eh schon beim Aufwachen sind – großartig, wie die beiden mit größter Gelassenheit abwechselnd dahin und dann wieder hinterher radeln.

6 balkonblick vom dreisiebner 900
Ich mache es mir derweil als erster Gast an einem Tisch auf der Frühstücksterrasse gemütlich. Neugierig blinzle ich durch das Fenster ins Gasthof-Innere, um einen Blick auf das Buffet zu ergattern – stattdessen sehe ich die Wirtin beim Versorgen eines Alten, der zitternd den Löffel zum Mund führt. Sie hält ihm eine Scheibe Brot hin, derweil sie einer vis-á-vis sitzenden Frau Kaffee einschenkt (beim Abschied werde ich merken, dass diese körperlich und geistig beeinträchtigt ist); während sie noch eifrig auf beide einredet, reicht sie ihm Vorbeigehen noch einen Teller samt Häferl an den halbwüchsigen Sohn, der eben erst eingetreten war. Ich erinnere mich an die Szene am Vorabend, als der Herr des Hauses eine Delegation Reisender willkommen hieß und auf dem ausladenden Plateau hinter dem Hof lang und breit die Statue des Hl. Georg erklärte, Gratulationen entgegen nahm und schließlich noch ein Lied mit den Gästen sang. Derweil die Wirtin das Abendessen-Kochen überwachte, die Hausgäste versorgte, uns in Empfang genommen hatte und die Zimmer zeigte, die Kellnerin instruierte… plötzlich steht sie neben mir und fragt, ob ich eh einen Kaffee will, vielleicht auch ein weiches Ei, ein frisches Semmerl. Warum weiß ich nicht, aber statt eine Antwort zu geben frage ich, ob sie denn schon etwas gegessen habe – ihr verblüffter Blick trifft mich für einen kurzen Moment voller Aufmerksamkeit, wir schauen einander in die Augen, in ihnen sehe ich ein Streiflicht aus meiner beruflichen Vergangenheit, schon dreht sie rasch mit knappem „das geht schon!“ auf dem Absatz um. Drinnen in der Stube taucht mein Rad-Team im Eingang zum Stiegenhaus auf, bestimmt scheucht die Wirtin nun die beiden Alten aus der Gaststube. Währenddessen schält sich der Junior missmutig aus dem Sessel, nickt in Richtung Mutter, pflückt einen Sturzhelm von der Garderobe und stapft zur Tür hinaus; Teller und Häferl lässt er auf dem Tisch stehen, Momente später kreischt das Moped im Motoren-Sopran vom Grundstück. „Zündapp, watercooled“ lautet meine Diagnose, Radbuddy hebt fragend die Augenbrauen und meint beim Hinsetzen nur lapidar: „Dir auch einen guten Morgen!“

Es sind eher Güterwege und daneben-Nebenstraßen über die wir uns rauf und runter kämpfen, dazwischen immer wieder zsammwarten, Foto-Momente nutzen, abwechselnd Köpfe über dem Handy zsammstecken oder, wie ich es mache, derweil tief durchatmend „ins Land einischaun“. Immerhin bin ich zum zweiten Mal auf Außenrum-Expedition unterwegs (die 2020er Nordroute-Erzählung reiche ich noch nach) gemeinsam mit meinem geschätzten Radbuddy, der zugleich ein lieber Freund ist. Ohne ihn und seine vorbereitenden Planungen, Herberge-Suche (und Sponsoring!) könnte ich gar nicht dabei sein – das muss auch einmal gesagt werden, in aller Dankbarkeit und, wie bereits erwähnt, besonderer Freundschaft. Diese Freundschaftsbande halten mich auch zurück im Bereich von Respekt, wenn ich am liebsten explodieren will ob seiner exorbitant ausgeprägten Beratungsresistenz sowie seinem Hang zu kreativer Interpretation von normativer Kraft des Faktischen. Was ich natürlich schon einräumen muss, ist, dass man(n) mir nachsagt, über einbetonierte Meinung-Stabilität zu verfügen, diese gelegentlich mit dem Charme eines Rottweilers garniere, vor allem wenn ich in tiefstem Stier-Verständnis Rot sehe und auf der Wutskala von Null auf Hundert beschleunige, mich dabei der (sehr oft sehr) „direkten Rede“ bediene (Letzteres verhinderte nicht nur eine Karriere im diplomatischen Dienst sowie in Politik… wurscht. Gibt es so etwas wie Gleichmut im Alter, dann muss ich mich auf entsprechend hohe Lebenserwartung verlassen).

6 riedpoessnitz 600

Nochmals tiefes Durchatmen und ich grätsche bestimmt dazwischen, zeige auf eine Hinweistafel, wonach sich hier die steilste und höchstgelegenste Ried Österreichs befindet, ich ergänze „Sonnen exponiert“ und weil mir gleich das Hirn kochert wird, nehme ich die gekennzeichnete Auffahrt zu einem Weinhotel/ -gut/ Buschenschank, werde dort einen Apfelsaft gspritzt trinken und Wasser in meine Trinkflaschen tanken, sowie ebendort – nun lauter mit Ausrufezeichen in der Stimme – im Schatten (!) über die weitere Route sinnieren. Ein mild gestimmter Aiolus fächelt sommerlich-schwüle Brise, ich Hausgemachtes unterm Obstbaum und schwätze mit der netten Ortsansässigen. Sie meint aufmerksam, dass es drinnen kühler wäre, was ich mit dem Hinweis „bin grauslich verschwitzt“ höflich verweigere. Wahr ist viel mehr, dass ich keinerlei Lust auf ein Best of an Systemgastro-Kitsch habe, wie es der Leiterwagen-Shop andeutet, zumal hier offensichtlich die Auftraggebenden entweder das Inventar einer Autoraststätte en gros erstanden haben oder dem Credo von „derfs a bissl mehr sein“ gefolgt sind. So gastfreundlich die nette Dame auch ist – drinnen ist es brrrrr, draußen schmeckt der Saft vorzüglich und ich knabbere Kürbiskerne aus einem Sackerl. „Da runter!“ meint Radbuddy bestimmt, da es nur diese andere Straße gibt, die vom Hof wegführt, folge ich dem bergab-strebenden Trio.
Nicht nur seit meinem Kapitalsturz fahre ich ungern bergab, ich bevorzugte schon in meinen Ski-Tagen generell ein „auf Sicht“ runter. Eine Schlaglöcher-pockige Asphaltstraße birgt eventuell Belag-Überraschungen, zumal sie auch für jede andere Art von Verkehrsmitteln offen ist, also auch für Zugmaschinen im landwirtschaftlichen Einsatz (dafür hat Radbuddy nur ein abschätziges Grinsen übrig, das ich frei übersetze mit „Warmduscher“). Im zügigen Vorbeirollen erhasche ich einen kurzen Blick auf einen kleinen Wegweiser irgendwas mit „Richtung Slowenien“, instinktiv will ich bremsen, konzentriere mich aber mehr auf einen zarten Gummi-Gestank der Bremsblöcke, nutze langgezogene Kurven nun zum lieber doch einfach Laufen lassen, und hetze hinterher ohne mir weitere Gedanken über die verhältnismäßig lange Dauer dieser Talfahrt zu machen zumal wir gar nicht ganz runter… zu spät, linker Hand ein Haus aus dem Nichts, eine Ortstafel, vor mir sehe ich mein Team beim zögerlichen Einbremsen, jäh fällt mein Blick auf eine Müllinsel, die direkt am rechten Straßenrand platziert ist. Glitzernde Partikel sind quer über die Straße verteilt, das ist kein Catwalk für die Eisprinzessin – waaaahhh, lauter Glassplitter! – seitlich gibt’s kein Vorbei, ein Bremsmanöver macht keinen Sinn mehr und schon entweicht mit einem lauten Pfffftttt alles Leben aus dem Vorderreifen, ebenso intensiv meinem Mund ein herzhaftes F***.

6 reifenpanne 600
In the middle of nowhere an steirisch-slowenischer Grenze erlebe ich nach drei gemeinsamen Jahren die allererste Reifenpanne mit Pierre, meinem unverwüstlichen Rennrad (in sehr viel Gravelbike-Einsatz)! Ersatzschlauch und Werkzeug habe ich griffbereit in der Rahmentasche, die Mini-Pumpe erweist sich als zumindest nützlich, auch wenn der Vergleich „Ken im Barbie-Haus hantieren“ nahe liegt (für richtigen Einsatz im Feld…?! An diesem Tag schließe ich mich der Fraktion „Luft aus der Dose“ an, meint CO2-Kartusche fürderhin).
Alles geht einigermaßen rasch über die Bühne, Radbuddy entpuppt sich als ganzer Gentleman, übernimmt das nervige Pumpen, Einekwahn (Einpassen) in die Felge, weiter pumpen (ich bin als selbst-ist-die-Frau ziemlich nervös beim Zuschauen, kann ich es doch eh auch…) bis zum entscheidenden Moment, in dem das frisch aufgepumpte Vorderrad… da sind jetzt die Bremsblöcke im Weg. Das zweite, wenn auch wesentlich gedämpftere F*** findet den Weg ins Freie, vor allem nach dem Hinweis, dass man dazu sicher auf Google was findet, lässt mich in die Poleposition zurückkehren. Mit dem Brustton der Überzeugung erkläre ich dem Peloton in aller Knappheit, was mich dieser ausbeuterische #*+§$%&-Konzern Google kann, beziehungsweise nicht für mich tun kann, nämlich meine Daten abgreifen bei jeder Suche, weshalb ich es erst gar nicht verwende.

6 reifenpanne finale 600
Wie zum Trotz fingere ich mein Phone aus der Lenkertasche und stoße alsbald Bussard-artig (also nach kreisendem Suchen) mit einem Finger auf's Display, lausche bang dem Klingeln und seufze erleichtert auf: Die Wolken tun sich auf, in strahlend glänzender Rüstung tritt der Mann meines Rad-Vertrauens in den Mittelpunkt. Wieder einmal ohne komische Andeutungen (oder deppert untergriffig, wie ich es schon andernorts erlebt habe) erklärt er in knappen Sätzen, wo der kleine Hebel zum Umlegen ist, auf dass ich die Bremse lösen und das Rad einfach arretieren kann; „gute Fahrt & viel Spass auf der Tour!“, ergänzt um „melde dich einfach, wenn'st was brauchst“. Keine drei Minuten, kein Mansplaining, Radtechniker Thomas Kaider serviciert vom Yppenplatz hinaus aus der kleinen Fahrradwerkstatt in die Südsteiermark, ganz old school via Telefon. (Infos im Anhang/ Gmischter Absatz @ aMäuvoi Subjektives: Empirie er-fahren… http://fahrradwerk.at/)

Auf gefühlt schlappen Schlappen strebe ich gleich darauf wieder bergauf (beim Tal-rauschen haben wir tatsächlich eine Abzweigung verpasst). Erst sind wir auf touristischer Route zum Schloßberg bei Leutschach unterwegs (die auch zu einer Klamm führt, angeblich eine sehr schöne Wanderung!), wechseln bald auf eine kleine Nebenstraße. Direkt am Grenzverlauf bleibend streben wir in Rauf-Runter-Windungen westwärts, ich setze mich ab, genieße die gnädigen Anstiege und das Raufschrauben in den Kurven. Von einer kleinen Anhöhe aus kann ich einen glitzernden See ausmachen, der direkt an der Grenze zu Slowenien liegt, texte diesen als Treffpunkt und mache mich auf zur Erkundigung. Schlagartig ist dort auch gleich die Asphaltpiste zu Ende, das kleine Wasser entpuppt sich als private Ferienoase, der einzige Zugang ins Wasser führt über die Terrasse eines Holzhauses, vor dem Autos parken; ich schleiche mich vorsichtig näher, bin kurz vor Hausfriedensbruch, als ich plötzlich Stimmengewirr höre, das sich nähert. Rasch nehme ich Ausreiß, schwinge mich hastig auf's Rad und kehre um ins Asphaltland, wo ich an einem kleinen Jausenplatz die anderen abpassen werde. Mein Magen grummelt, ich greife zum Riegel, lasse ihn aber im Trikot stecken und beschließe trotz Warteposition in verlassener Einschicht, dass ich jetzt „was Gscheits“ will; Nachsatz zeitnah, denn es gilt das, was daheim hungergrantig (beim anglophilen Nachwuchs hangry) heißt, in den Griff zu bekommen. Plötzlich fällt mir ein Schild ins Auge, das mir einen Buschenschank mit Bio-Qualität verspricht, noch dazu in kurzer Distanz am Weingut Oberguess. Begeistert deute ich den Herannahenden den Weg nach oben und rufe ihnen zu, dass wir da oben was Gscheits zum essen bekommen, sich dieser Umweg in jedem Fall auszahlen wird und überhaupt ich jetzt da rauffahren werde, egal was eine basisdemokratische Abstimmung…

6 schlossberg 600

Mein Herz geht auf in der letzten, weit geschwungenen Kurve, die Kinderspielplatz sowie Streuobst-Wiese umarmt und direkt in die Weingut-Hofeinfahrt mündet. Freudig rolle ich auf den frisch renovierten Heurigen zu, beglückt über die Sonne-überflutete Terrasse, auf der ausladende Schirme schützend ihre bespannten Arme über Tische und Sitzgruppen ausbreiten. Ich klackere über die Holzbretter, breite mein Trikot etwas abseits zum Trocknen aus und pflanze mich breitspurig in den Schatten, so dass ich auch aus dem Inneren der Gaststube zu sehen bin. Im nächsten Moment schwingt auch schon die Tür auf und ich werde höflich darauf hingewiesen, dass es erst ab 13h Essen gibt, weil ab 13h auch offiziell geöffnet ist (und dann auch in der Küche gewerkt wird); aber wenn ich schon was trinken möchte, dann sei das kein Problem. Ein kurzer Blick auf die Uhr offenbart eine knappe, halbe Stunde Wartezeit, die ich trickreich (wie gesagt Hunger!) straffe: „Na, die zwanzig Minuten derwart' ich! Dann ist die restliche Mannschaft auch heroben und wir haben alle miteinander keinen Stress.“

6 oberguess terrasse 900

In den nächsten eineinhalb Stunden habe ich nicht nur einen Liter Traubensaft gspritzt und eine Portion Saures Rindfleisch plus Salaten mit Kernöl und frischem Brot getankt, sondern auch einem Wanderer-Gast am Nachbartisch meine Shortlist „Niederösterreich, weiß“ verraten (kein politisches Migrationsprogramm der dortigen, schwarzen Führungskaste, sondern meine Wein-Präferenzen): In jedem Fall Alzinger und Knoll (Wachau), Hirsch (Kamptal) und wenn noch Zeit ist, beim Neumayer (Traisental) und Söllner (Wagram) auf der Rückfahrt nach Wien, Essen unbedingt beim Sodoma in Tulln… wir nicken beide, und schließlich – beim leichten, wunderbar duftigen Achterl Sauvignon Blanc 2019 – gesellt sich der Winzer dazu, und wir sind ganz rasch beim Thema Radfahren. Keine leichte Übung für mich, da er sich als passionierter Mountainbiker bekennt, mein reflexartiges Nase rümpfen (nicht kontrollierbare Körperreaktion!) nur mit nachsichtigem Lächeln quittiert, garniert mit Nachsatz: „In dieser Gegend musst scho mit an gscheitn Radl unterwegs sein (Pause) des is a Rennradl do sicher ned…!“ grins. Tapfer würge ich an meinen lupenreinen Gegenargumenten, wird mir doch mit einem Mal klar, dass dort wo Rad ist, auch eine logische Koexistenz mit Standpumpe sein muss. Meine zaghafte Nachfrage betreffend einer solchen beantwortet der hilfsbereite Winzer mit „na kumm, des haumma glei!“ und füllt hurtig die fehlenden Bar-Einheiten nach, Klack-klack meldet der Vorderreifen, der nun wieder zur Gänze in den Felgen prallt. In der Nebenbei-Plauderei erkundige ich mich zu den Besonderheiten der Gegend und erfahre wirtschaftssoziale Zeitgeschichte zur Region, die zunehmend unter Abwanderung und Verödung leidet, so sehr, dass man hier um „einen Bettel“ ganze Anwesen und Gehöfte kaufen kann. Harte Fakten, die so gar nicht in meine scheuen Annäherungsversuche an den spröden Charme der landschaftlichen Leere passen… gerne würde ich mich darauf einlassen, mich hierher zurückziehen, um zu schreiben…? Das auch, vor allem aber erkunden, Land und Leute, herüben und drüben kennenlernen.

6 zettel gastrotipp 400

Apropos. Während wir eilig adjustieren und aufsatteln, fragen wir noch nach etwaigen Tipps zur Herbergssuche im Slowenischen, genauer im Umfeld von Dravograd. Praktischerweise stammt eine der Mitarbeiterinnen am Hof aus dieser Gegend, nach telefonischer Nachfrage drückt uns der Winzer einen Zettel mit Ergebnis seiner Recherche in die Hand und empfiehlt uns eine Gravel-Route „oben rum“ durch autofreie Waldgegend, vorbei an einem kleinen See („eigentlich kein Schwimmteich, aber sagt's halt, dass ich euch die Auskunft gegeben hab…“), weiter auf Forstwegen, dann runter durch's Tal zur Drau, und von dort das letzte Stückerl weiter bis zum Nachtquartier.
Selten habe ich „auf Wiedersehen!“ so ernsthaft gemeint, war meine Dankbarkeit so innig, als beim Abschied vom Weingut Oberguess. In getrennter Formation machen wir uns Richtung Süden beziehungsweise Westen auf: Die Mädls haben Google befragt, geben der Straße den Vorzug und fahren direkt zum Drautal-Radweg, Radbuddy und ich folgen dem indigenen Tipp und pirschen entlang der Grenze durch die bergige Pampa; Treffpunkt wird der Ort sein, wo wir Zimmer bekommen (die wir bei der Schwimmpause organisieren werden).

Vollgepumpt in doppelter Hinsicht, ich wohlig gesättigt und entsprechend gutgelaunt, spuren wir dahin auf gut befestigter Forststraße, dass die Steinderl nur so springen inmitten unspektakulärem Waldsaum mit sonnigem Gesprenkel durch's Geäst. Kapelle und ehemaliges Zollhaus lassen wir rechts liegen, streben zügig dem Sprung ins kühle Nass zu. Und rascher als erwartet liegt er plötzlich da, seitlich vor braunem Holz der Lichtung, wie ein kleiner Handspiegel, in glänzender Bescheidenheit – der Waldsee. Am gegenüberliegenden Ufer brennt ein kleines Lagerfeuer, zwei Zelte ducken sich in den Schutz der Bäume, davor ein weit ins Wasser ragender Steg, den die zwei jungen Männer dort als FKK-Zone nutzen. Schulterzuckend krame ich meinen Badeanzug aus der Rahmentasche und verschwinde im Gebüsch zum hastigen Outfit-Wechsel, durchquere kurz darauf mit angewidertem „wlljjääh!“ den gatschigen Uferbereich und schmeiß mich kurzerhand ins tiefere Wasser. Mit kraftvollen Tempi tauche ich ein Stück weg vom Ufer, auf dem Rücken treibend genieße ich mit tiefem Atemzug die entspannende Schwerelosigkeit und das wohltuende Prickeln meiner Haut in der Kühle, ehe ich mit ambitionierten Zügen zum zweiten Steg schwimme (freu mich noch schnell über die Sichtung einer Wasserschlange). Noch nass schlüpfe ich gschwind ins feuchtlnde Rad-Dress (zweites „wlljjääh!“), jetzt ist wirklich Eile geboten, beim befreienden Pritscheln hab ich die Zeit vergessen und Rad-Buddy ist längst startklar.

6 kuna amwaldsee 600

Ich sehe ihn oben auf der Straße im Gespräch mit einem Mann, dieser ist halb aus einem Auto ausgestiegen, rudert mit weiten Armbewegungen große Pfeile in die Luft und setzt plötzlich mit Daumen nach oben einen Punkt, steigt ein, gibt Gas; offensichtlich ein Indigener. Mein Reisegefährte sticht mit dem Finger erst in die eine Richtung: „Die weitere Strecke ist zwar keine Straße, aber gut befahrbar!“ und dann in die Staubwolke hinter ihm, begleitet vom Ausruf: „Sagt er!“ Er nickt mir zu und schwingt sich vorneweg in den Sattel, sein Navi-Ohrstöpsel tanzt seitlich durch die Luft, woraufhin ich gleich einen kurzen Blick auf mein Phone werfe, um festzustellen, dass ich ihm hier oben kein einziges Empfang-Stricherl abpressen kann.
„Na, dann eben im Blindflug, so viel Auswahl an Straßen werden wir hier nicht haben!“ rufe ich hinterher, mir selbst nochmals den Streckenverlauf in Erinnerung und klicke in die Pedale. Während der Suche nach Ideallinie auf dem zunehmend ausgewaschenen Güterweg kann ich nur ein ungefähres Zerrbild der Route memorieren… direttissima weiterfahren, an der nächsten Kreuzung nicht links runter, sondern eher rechts-geradeaus halten, um „oben“ weiter zu fahren… erst an einer der späteren Gabelungen sollten wir zur dicken, blauen Linie fahren, sprich hinunter zum Fluss (wir wollen erst kurz vor Dravograd zum Drautal-Radweg kommen), um gemeinsam mit den Mädls bis Muta, dort den Gasthof suchen, der uns als sehr privat und ganz besonders ans Herz gelegt, zur Übernachtung empfohlen wurde. Die Zimmer werden wir ordern, wenn die technischen Voraussetzungen zur fernmündlichen Kommunikation wieder gegeben sind, sprich wir wieder onLeine im Netz vermeintlicher Zivilisation hängen…
Aber jetzt hab ich sowieso ganz andere Sorgen, weil es zunehmend bergab geht, das Verhältnis fester Untergrund und Schotterung sich eindeutig zugunsten spitzer, lockerer Brocken verlagert. Abwechselnd fahre ich direkt am Rand, dann wieder in erhabener Mitte, suche nach Halt mit den dünnen Reifen und in mir im Vertrauen auf Balance-Fähigkeit. Radbuddy baut seinen Vorsprung aus, die orangefarbenen Radtaschen verschwinden auffallend rasch in der nächsten Kurve, mir schwant unheilbringende Abfahrt, ich fahre quasi im Spitzentanz weiter. Das mulmige Gefühl manifestiert sich zur Gewissheit als schon nach wenigen Metern die Forststraße gerade aus weiter führt, aber ein breiterer Geröllweg direkt ins Tal. Seiner großen Leidenschaft, es einfach „krachen“ zu lassen wenn es schon bergab geht, ist mein, für alles andere geschätzte Radkollege erlegen und surft mit seinem Tourenrad längst Pfitschipfeil-mäßig runter, derweil ich an der Kreuzung stehe und instinktiv weiß, dass ich lost in translation bin, sollte ich geradeaus weiterfahren.
Mit einem Wortschwall an widerwärtigen Ausdrücken (an deren Stelle ich hier einen sommerlichen Klarnacht-Sternenhimmel setzen müsste) rolle ich weiter, klinke sicherheitshalber aus einem Pedal, konzentriere mich auf den äußersten Wegrand und vor allem dosiertes Bremsen. Wider Erwarten funktioniert das so gut, dass auch mein Herz wieder aus der Hose steigt; in kindlichem Vertrauen wende ich mich zur Verstärkung aufkeimender Zuversicht in Gedanken auch noch an meinen allersten Bewegungs-Coach, an meinen Papa („wo immer er sein mag“ passt er jetzt sicherlich auf mich auf!)… Spoiler: In den kommenden Tagen werde ich noch alle anderen Schutzengel zum Transpirieren bringen.

In einer weiten, von tiefen Spuren schweren Geräts durchfurchten Biegung harrt schließlich mein Teamkollege; derweil ich noch zu ihm hin bremse, sprudelt er schon über, zeigt sich reichlich zerknirscht ob der Straßenbedingungen, lamentiert entsetzt, dass dies auch noch die falsche Route wäre… Ersteres lasse ich unkommentiert, um (siehe Sterne-Metapher) einen verbalen Kometen-Schauer abzuwenden; auf Zweiteres folgt ein kurz&bündig: „Ich fahre keinen einzigen Meter retour!“ Nachsatz: „Nicht über deine Leiche.“ Dem bestimmten Ton folgt ein fester Blick und plötzlich lachen wir beide lauthals los, sind ganz schnell einig, dass es von nun an bergab geht.
Der zerstörte Güterweg mündet alsbald in eine halbzerstörte Straße, ein offenbar Selbstzerstörung-ignoranter Radbuddy rauscht voraus, ich taste mich durch einen winzigen Ort hintennach, halte Ausschau nach Traktor und Hofausfahrten – ich traue dem Szenario „nach der Neutronenbombe“ noch nicht so wirklich. Schon entdecke ich an einem windschiefen Zaun einen alten Mann mit schlohweißem Haaren, der beim Vorbei-pffft meines Gefährten neugierig den Kopf hebt, dann einen knöchernen Arm; er winkt mir zu, ich hebe die Hand zum Helm als Zeichen für einen Gruß und lächle ihn dabei an, er ruft mir nach, ich rolle schon wieder ins Freiland. Das fröhliche Plätschern des Bächleins entlang der schmalen Straße muntert mich auf, ich singe vor mich hin, passiere ein teilweise renoviertes Gehöft, höre über mir eine Stimme rufen, wieder ein alter Mann im Garten klatscht in die Hände, ein kleiner Bub läuft neugierig zum Zaun. Wieder winke ich zurück. Vor mir liegt ein enges Tal mit steilem Straßenstück, auf dem Slalom zwischen Schlaglöchern notwendig ist. Und plötzlich neuer Asphalt, eine Pension, gegenüber ein Gasthaus samt Parkplatz, auf dem Radbuddy mit Ohrstöpsel und Powerbank hantiert, derweil er offenbar in Sachen Zimmer-Reservierung telefoniert. In Deutsch (was mich immer noch baff macht, weil ich mich in keiner der an Österreich angrenzenden Sprachen verständlich machen kann, von eingerostetem Italienisch abgesehen). Nebenbei höre ich ihn den Ortsnamen Muta sagen, fingere nach meinem Phone, das gerade noch schnappatmend eine Nachricht ans zweite Team liefert und mir einen kurzen Komoot-Check (Routen-App) erlaubt. Mit Radbuddy vereinbare ich, dass wir einander „bei der Kirche“ in Muta treffen wollen und die noch verbleibenden zwanzig plus Kilometer getrennt absolvieren – der frische Asphalt hier und die Aussicht auf Bundesstraße dann gleich einmal lassen mich ein befreites „Schwing die Hufe, Berta!“ wiehern (frei nach Mulan, in der Disney-Version). Im entspannten Trab trete ich ambitioniert zum Talausgang.

6 drau 600

Gleich einem smaragdgrünen Gürtel schmiegt sich die Drau in die Taille der Berge, schon von weitem sehe ich das glitzernde Band und stelle mich auf kühlenden Schatten von Bäumen ein. Außenrum an einer Kleinstadt, vorbei an international-depperter Supermarkt-Zone führt mich der Richtungspfeil „Dravograd“ direkt auf eine Bundesstraße. Ein harter Bruch mit den vergangenen zwei Tagen, schlagartig vermisse ich die Stille der Einschicht. Nicht nur humanoide Lebensformen sind mit einem Mal wieder Teil meines Alltags, auch gefährlich Verhaltenskreative in ihren Blechkarossen machen mir meinen Radfahr-Genuss zunichte. „You own your car, not the street!“ schreie ich einem Typen ins offene Seitenfenster, der mir beim Überholmanöver nicht nur Zähne und eine Kostprobe seines Stimmvolumens zeigt. Plötzlich fühle ich mich wie im nördlichen Niederösterreich, wo ich es längst gewohnt bin, dass fast nur Teilbereich-Hirnanwender*innen in ihren Autos unterwegs sind (welcher Umstand könnte es sonst sein, wenn jemand den Tatbestand von potentiellem Totschlag-Versuch komplett ausblendet, und mich mit weniger als einem Meter Seitenabstand überholt, gleichzeitig jedwede Geschwindigkeitsbeschränkung ignoriert?). Über eine lang gezogene Kurve spannt sich eine schmale Brücke, ich folge meinem Impuls und fädle mich zum Abbiegen ein, kurz darauf pedaliere ich auf der gegenüberliegenden Seite flußaufwärts, vorbei an Häuserzeilen und Vorgärten, zwischendurch immer wieder auf unbefestigtem Terrain durch Felder und immer wieder im Schatten. Mein Magen knurrt, ich mümmle lustlos ein wenig vom Riegel, fahre langsam auf einen Wegweiser zu, der mir verrät, dass ich einerseits auf dem Drautal-Radweg unterwegs bin und andererseits, dass es nur noch ein kurzes Stück bis Muta ist.

Der Ort liegt auf einer Anhöhe stelle ich von Weitem fest, und korrigiere diese Vorannahme beim Näherkommen auf ein ernüchterndes „und auch nicht“, denn offensichtlich besteht Muta aus einem Oben und einem Unten. Beide Ortsteile verbindet eine Riesentankstelle mit angeschlossenem Mini-Einkaufszentrum, wo ich wenigstens Bankomat (und Toilette) nutzen kann. Nachdem mein Phone nur noch schnappatmend im Etui steckt, lasse ich es dort und drehe eine Erkundungstour, energie-sparend erst einmal in der Ebene, sprich Ortsteil "unten", wo ein kleiner Radweg direkt zu einer archaisch anmutenden Kapelle führt; und dahinter liegt auch schon der Gasthof „Pri Lipi“ (siehe auch Anhang).
Ich hab jetzt große Lust einfach nur „i warad jetzt do“ ins Mobile zu hauchen, aber mein Touch-Versuch bewirkt auch schon den Akku-Touchdown. Was immer offline funktioniert in meinem Betriebssystem, ist das Handeln auf Basis praktischem Denken. Einfach Einchecken wäre die leichteste Übung, ich mach's kompliziert und fahre wieder zurück zum Radweg-Verteiler, um mich dort auf die Lauer zu legen… aber da kommt mir schon freudig gestikulierend mein Radgefährte entgegen. Ich melde sofort die gelungene Quartier-Ortung, die er auch gleich dem Zweit-Team weitergeben will, also den Google-affinen Digital Natives, wie ich mit teuflischem Grinsen anmerke. Derweil der Kollege noch tipselt, tauchen die beiden schon an der Kreuzung auf. Mit freudigem Juchhu und Heißa feiern wir einen gemeinsamen Zieleinlauf direkt in den (leeren) Schanigarten.

Dort haben wir die Räder noch gar nicht ordentlich abgestellt, begrüßt uns schon das Wirte-Ehepaar mit hausgemachtem Willkommenstrunk (Saft und/ oder Kräuterlikor, beides nach eigener Rezeptur). Ungeduldig frage ich gemäß meiner Prioritätenliste nach sicherer Verwahrung von Pierre (Rennrad), Dusche und Essen. Letzteres ist trotz offiziellem Ruhetag auch direkt im Haus möglich, es dauert zwar noch eine Stunde und es gibt keine á la Carte-Gerichte, aber Küchenchefin Helena kocht aus regionalen Bio-Zutaten ein mehrgängiges Menü… in der Sekunde will ich ihr um den Hals fallen, besinne mich auf ein schlichtes Ja, gefolgt von manierlicherem „Ja, bitte! Bitte, ja!“. Hinter mir ein Murmeln, ein schulterzuckender Radbuddy grinst seine Töchter an, diese reagieren höflich leise, zaghaft mit dem Vorschlag, dass wir doch auch erst noch im Ort schauen könnten… meinem Laserschwert-Blick folgt ein knappes „have fun!“ als Absage an basisdemokratische Entscheidungsfindung in dieser Konversation. Wenn's ums Essen geht, bin ich rigoros und selten offen für Zugeständnisse, geschweige denn Kompromisse. Ich wende mich mit dankbarem Blick wieder der Chefin des Hauses zu: „Also für mich in jedem Fall! Ja, bitte!“.

6 bei der kirche in muta 1052 400

Kaum zwanzig Minuten später tropft mein frisch gewaschenes Outfit von Balkon und offenen Fensterflügeln, die nassen Haare wurschtle ich zu einem Dutt und schlüpfe rasch die Stiegen runter, um noch vor Einbruch der Dämmerung in die alte Kapelle zu kommen. Leider ist das winzige Kirchlein versperrt, ich umrunde es zwei Mal, um versteckten Einlass zu finden muss aber ernüchtert kapitulieren. Ich kann nur einen Blick durch die Schmiedeeisentür werfen, sehe, dass auch das Innere als Rondell genutzt wird, wie die in Reih und Glied ausgerichteten Sesselkreise sowie bereit liegende Gebetsbücher vermuten lassen.
Das heilige Rundhaus wurde schon im Frühmittelalter erbaut und ist die älteste Kirche (oder Kapelle?) in ganz Slowenien, verrät mir nach meiner Rückkehr der freundliche Wirt bei einem Schwatz an der Schank. Praktisch ist die Nachbarschaft zur Kapelle auch, wenn Hochzeitsfeiern im „Pri Lipi“ stattfinden. Ich gratuliere zum absoluten Wohlfühl-Gasthaus mit dem besonderen Flair – von der originellen Ausstattung (wie das zusammengetragene Flohmarkt-Geschirr) bis hin zum einzigartigen Interieur (ererbte und gesammelte Vintage-Möbel). „Ich arbeite hier als Hausmeister meiner Frau!“ spielt der Wirt lachend seine Rolle herunter, während dieselbe hinter ihm aus der Tür tritt, eine Flasche Wein aus dem Regal nimmt, mir zuzwinkert und wieder in der Küche verschwindet. Er widmet sich weiter konzentriert dem Bier zapfen: „Sie ist hier die Seele des Hauses, sie kümmert sich um alles, baut Gemüse und Kräuter an, probiert eigene Rezepte aus, organisiert das Ganze drumherum… ohne sie geht’s eben nicht!“ Ich nicke, mein Lächeln ist vor allem inwendig, weil es doch einfach wunderbar ist, dass es auch emanzipierte Männer im reifen Alter gibt.

6 abendessen in muta pri lipi helena 600

Immer noch nachdenklich gehe ich raus zum liebevoll gedeckten Tisch im Schanigarten (bestickte Stoffservietten!), wo die Töchter mit dem Vater über Phones gebeugt die Köpfe zusammenstecken. „Schön, dass ihr da seid!“ grinse ich in die Runde, „sorry, dass ich vorher mit dem Charme eines Rottweilers… tut mir wirklich leid!“ Die jungen Frauen lächeln nachsichtig, Radbuddy beschwichtigt. Was es wohl zu bedeuten hat, wenn jemand meint, dass er mich ja eh schon kenne…? Jäh lassen meine Gedanken das Tempelhupfen im Kopf sein, denn jetzt wird Wein eingeschenkt und mein kleines Bier ist noch halb voll, Schüsseln werden aufgetragen, randvoll mit allerlei Köstlichkeiten, frisches Brot und ausgefallene Beilagen dazu… heiteres Geplauder und angeregte Unbeschwertheit… die Sonne rastet kurz auf dem Bergrücken ehe sie sich dahinter schlafen legt. Ich bin mit mir unterwegs rundum glücklich.

GmischterAbsatz

@ der-Weg-ist-das-Ziel: „Dreisiebner, die Slowenischen“ (Gegend zw Glanz/ Weinstraße und Spicnik/ Zgornja Kungota) – Pössnitzberg – Schirmbergteiche – Weingut Moser/ Großwalz – Schloßberg/ Spitzmühle – Weingut oberGuess/ Leutschach – „über d'Acker“ entlang Grenzverlauf (Zgornja Kapla, Fischteich) – Remsnik – Vas – Muta rd. 75km

@ Treffpunkt „bei der Kirche“: Sitzfleisch
Muta/ Drau (Slowenien) Gostilna „Pri Lipi“ http://www.prilipi.si/ (Infos in Deutsch: http://www.slowenien-urlaub.at)
Der „Gasthof bei der Linde“ garantiert entschleunigte Gemütlichkeit, denn hier wird Gastfreundschaft mit „sich Zeit nehmen“ übersetzt. Die Wirtin und „ihr Hausmeister“ (wie es der Gatte augenzwinkernd in Selbstbeschreibung erklärt) begrüßen herzlich und reichen gleich einmal hausgemachtem Saft beziehungsweise Likör als Willkommensgruß. (Küchen-)Chefin Helena Kresnik Pazek kocht mit Herz und Esprit, vor allem sehr gut und vorwiegend Bio-Produkte: http://www.slowenien-urlaub.at/tischlein-deck-dich
Die individuell eingerichteten Zimmer sind „nostalchic“ Vintage-möbliert, nicht nur ausgestattet (ergänzt mit modernen Sanitärräumen). Und das ganze Haus strotzt vor knarrender Gemütlichkeit, umarmt seine Gäste mit sehr viel Holz in der Hütte. Liebevoll arrangierte, seit langer Zeit zusammengetragene Fundstücke an Geschirr, Gläsern, Tischwäsche… erwecken den Charme einer Übernachtung bei Oma. Eine nostalgische Erinnerung, die das üppige Frühstück noch verstärkt, wenn sich morgens die Tische biegen unter reichlich „alles selbst“ (Marmeladen, eigene Teemischung, noch lauwarmen Kuchen, Käse, Eier und Fleisch vom BioBauernhof…) – es schmeckt einfach köstlich!

@ googln wird überschätzt: Offline-N/nutzen
Mehr Südsteiermark geht nicht: (Rad-)Wanderer kommst du nach Leutschach… oder auch nur in die Gegend, dann fahre unbedingt den Schloßberg rauf zum gastlichen Weingut oberGuess! Im behutsam renovierten Altbestand (oder auf der Sonnenterrasse) munden selbstgemachte Bio-Jause, gschmackige (Trauben-)Säfte und charaktervolle Weine (in meinem Fall war es ein feiner, überraschend vielschichtiger Sauvignon Blanc mit winziger Pinot-Reminiszenz). Der Buschenschank geht mit Ende Februar 2022 wieder in Betrieb (Öffnungszeiten): https://oberguess.com/wein/kontakt/
Ab-Hof-Verkauf (Verkostung) erfolgt entsprechend üblichem Winzer*innen-Knigge: Versierte WeinInteressierte fragen ohnehin zuerst höflich nach, wann's passt; allen anderen ist eine Anmeldung empfohlen. Ans Herz gelegt, auch wegen sympathisch-entspannter Atmosphäre, in der neben der Gaumenfreude auch die Ohren angenehm-informative Kurzweil erfahren: https://oberguess.com/wein/weingut/

@ fakultativ zu Hausverstand: Tipp
Nicht allein die Einpack-Kunst des Weglassens (de facto ist es ein Zuhause-lassen des Nicht-Notwendigen) macht eine Radreise aus – wenn Tageshöchstwerte jenseits der 30° in Aussicht gestellt werden, wandert mein Badeanzug in eine Außentasche. So kann ich rasch – „husch, husch, unterm Hollerbusch umziehen“ – und jede Chance auf einen Sprung ins kühlende Nass nutzen. Daheim in Wien ist das bissl praktischer, weil bei großer Hitze immer auch ein giro d'isola (sprich Donauinsel) Teil meiner Runde ist, zumal es „bei de Nackerten“ nicht extra Equipment für eine Schwimm-Pause braucht. Mit angewandter FKK generell bin ich eher zurückhaltend. Zum einen will ich gerade in ländlichen Gegenden, insbesondere im retro-politisch regierten Ausland keinen „Hexen-Prozess“ riskiere; zum anderen bin ich ja schon länger auf der Welt, mir sehr wohl des korrelierenden Zwiebellook-Desasters bewusst (Schale um Schale, die du entfernst, umso mehr ist es zum Weinen… auf der Insel im Kreise der Vielen ist das wurscht, mir und allen anderen „Ledernen“). Abgesehen von optischer Störung sollte beim Wildbaden in fremdem Terrain idealerweise immer erst nach etwaigem Badeverbot gefragt werden (andernfalls gilt: sich einfach nicht erwischen lassen!).

@ aMäuvoi Subjektives: Empirie er-fahren…
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Wie bereits im ersten Teil @ Südsteiermark erwähnt: Die südsteirische Grenzregion ist kein natürliches Habitat für (m)ein Rennrad, zumindest nicht in der Kombination mit mir oben drauf. Meine zukünftigen Touren in dieser betörend schönen Landschaft werde ich so angehen, wie ich es bei Gourmet-Schlemmereien bevorzuge, nämlich mit vielen „kleineren“ Gängen (rent a Mountainbike?) und mehr Zeit zum Genuss.
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Auch fernab der Heimat ist sie wichtig, die ultimative Werkstatt, die dem Fahrradtechniker des Vertrauens gehört: Nach viel Lehrgeld (buchstäblich!) und auf Umwegen habe ich ihn gefunden, den Mann für's Grobe (Citybike) und das Feine (Rennrad), den kundigen Thomas Kaider. Stationiert ist der erfahrene Rad-Mann in seiner kleinen Fahrradwerkstatt (16., Yppenplatz). Service-Anmeldung, Adresse, Öffnungszeiten: http://fahrradwerk.at/#service